Spanisch, baskisch, jazzig.

Reutlinger Kammerchor und Kammerorchester geben ein gemeinsames Konzert in der Marienkirche

Advents-Andacht auf spanisch und baskisch: Reutlinger Kammerchor und Kammerorchester gaben ein gemeinsames und ungewöhnliches Konzert SUSANNE ECKSTEIN

Reutlingen. Inmitten von Trubel und Kommerz zum christlichen Kern der Weihnachtsbotschaft zu kommen, mit musikalischen Mitteln und für einen guten Zweck - dieses Unterfangen darf begrüßt werden. Dass dazu Bibellesung und Gebet durchaus angebracht sein können, sei unbestritten. Nur: Eine, solche gottesdienstliche Veranstaltung als "Konzert" an zukündigen, kann zu Irritationen führen. Nicht jeder Musikliebhaber mag auf Anweisung applaudieren und beten, und kritischer Wertung ist ein Gottesdienst ohnehin entzogen.
Außer Frage aber stand die Leistung der Mitwirkenden im musikalischen Teil, sowohl des Reutlinger Kammerchors, dessen Leiterin Christa Feige die sorgfältige Chor-Einstudierung oblag, als auch des Reutlinger Kammerorchesters, dessen Dirigent Robert Wieland die Aufführung leitete: eine gut gelungene Zusammenarbeit mit einem außergewöhnlichen Programm.
Nicht die üblichen Weihnachtslieder oder Bearbeitungen, sondern Originalkompositionen für Chor.und Orchester, vorwiegend aus der spanischen Tradition, hatten Chor und Orchester erarbeitet; dies spricht für das Können und den Horizont der Reutlinger Laienensembles.
Zwar nicht spanisch, doch mit seiner "Durch Nacht zum Licht" -Dramaturgie ein effektvoller Auftakt ist des Opernkomponisten Otto Nicolai Weihnachtsouvertüre für Orchester mit Chor (ad libitum) über ,;Vom Himmel hoch, da komm ich her".

Andacht mit stimmungsvollem Ausklang

Eindrucksvoll, wie aus der Düsternis in Moll zunächst nur als zartes Zeichen der Hoffnung die Holzbläser den Choral intonierten, die Musik danach Mut und Freude gewann und schließlich Stimmen und Instrumente sich zu sieghaft strahlender Größe in Dur vereinten.
Ließ zwar - verständlich bei Laienorchestern - die Reinheit der Intonation manchmal zu wünschen übrig, zeichneten sich die Instrumentalisten durch engagiertes und einfühlsames Spiel aus; nicht nur bei Nicolai, sondern auch bei den zeitgenössischen spanischen und baskischen Komponisten Javier Busto und Tomas Aragües Bernad, wobei das ursprünglich vorgesehene "Aita Gurea" von Francisco Madina durch ein gemeinsam gesprochenes Vaterunser ersetzt wurde.
Javier Bustos "Ave Maria" klang besser als die Ouvertüre: Bestens abgestimmt, elastisch und von zart bis kraftvoll bewegt gestalteten Chor und Orchester dieses kleine Juwel der Marienandacht. Rund um die Welt geht Tomas Aragües Bernad (oder Bernard) mit seinem vierteiligen "Navidad" (Weihnacht), in dem er Weihnachtslieder aus England, Spanien und Lateinamerika zu einem ansprechenden, handwerklich gut gemachten vierteiligen Zyklus für Chor und 'Orchester verbindet, für den die Mitwirkenden sich engagiert und sensibel einsetzten: sicher und klangrein der Chor, farbig Bläser und Streicher, rhythmisch differenziert und schwungvoll die Perkussionsgruppe, die die Jazz- und Latin-Rhythmen gekonnt unterstrich. Wach und aufmerksam gingen Sänger und Instrumentalisten aufeinander ein, so dass in dem transparenten Gesamtklang - trotz der Fremdsprache - Inhalt und Aussage innig und kraftvoll hervortraten.
Höchste Konzentration forderte "Esta Noche": Zu den Rhythmen kommen hier Jazz-Harmonien samt einem A-cappella-Schlussakkord, den der Kammerchor perfekt platzierte. Den Abschluss bildete ein baskisches Wiegenlied, anrührend natürlich und rein gesungen von Christa Feige, Julianna Regener und Juliane Prax - ein stimmungsvoller Ausklang der Andacht.

Metzinger - Uracher Volksblatt (Südwestpresse) - 22.12.2008

Mit freundlicher Genehmigung der Südwestpresse